Kinderbetreuung – Wunsch und Wirklichkeit

Veröffentlicht am 01.07.2013 in Kreistagsfraktion

(Michael Lucke, 01.07.2013)

Ab dem 1. August 2013 bekommen Eltern für Kinder ab dem 15. Lebensmonat für längstens 22 Monate ein Betreuungsgeld von 100 Euro (ab dem nächsten August 150 Euro). Dies aber nur, wenn sie ihr Kind nicht in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege fördern lassen.

So sehr die SPD-Fraktion den Familien die zusätzlichen Einnahmen gönnt, denn Kindererziehung ist für alle Familien und Alleinerziehenden finanziell äußerst belastend, so wenig sind wir von den gesellschaftspolitischen Wirkungen dieses Wahlgeschenks überzeugt.

In Deutschland wandeln sich die Bedingungen für die Gründung von Familien und das Leben mit Kindern. An den sich verändernden Bedürfnissen hat sich eine moderne Familienpolitik auszurichten. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs der frühkindlichen Bildung und Betreuung in Deutschland liegt es nahe, statt der Einführung eines Betreuungsgeldes mehr in die Infrastruktur für Kleinkinder zu investieren.

Ziel muss sein, ein bedarfsgerechtes Angebot an qualitativ hochwertigen Plätzen für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Deshalb war es richtig, ebenfalls ab dem 1. August den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einzuführen.

In vielen Kommunen dürfte dieser Rechtsanspruch nicht erfüllt werden. So war im Landkreis Tübingen am 01.09.2012 nur für 37 Prozent der Kinder ein Betreuungsplatz vorhanden. Betrachtet man die Ganztagesplätze über 35 Betreuungsstunden, die für eine volle Erwerbstätigkeit Voraussetzung sind, dann wäre nur für 13 Prozent der Kinder eine Betreuung vorhanden. Frühkindliche Bildung ist anerkannt der Schlüssel zu lebenslangem Lernerfolg. Unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Umfeld sollen allen Kindern gleiche Bildungschancen für das künftige Leben ermöglicht werden. Studien belegen, dass von einer qualitativ hochwertigen Förderung alle Kinder profitieren. Während Kinder mit günstigen familiären Voraussetzungen in Betreuungseinrichtungen zusätzlich gefördert werden, können bei Kindern mit weniger guten Startbedingungen Defizite vor dem Schuleintritt ausgeglichen werden.

Ein zentraler Leitgedanke moderner Familienpolitik ist die Förderung von Wahlfreiheit bezogen auf die individuelle Lebensführung.

Wählen können die Familien aber nur, wenn ausreichend Betreuungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wer für die Nichtinanspruchnahme einer Betreuung, die ohnehin nicht vorhanden ist, eine Prämie bezahlt, nimmt die Bedürfnisse der Familien auf Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufsausübung nicht ernst und verschenkt Bildungschancen unserer Kinder.

Deshalb wird die SPD nach der Bundestagswahl erneut darauf hin wirken, dieses unsinnige Gesetz aufzuheben und die ersparten Mittel in den Ausbau der Betreuung zu stecken.

 

Homepage Die SPD im Kreis Tübingen

Martin Rosemann

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